Märkische Landsitze des Berliner Bürgertums


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Vom Büchsenmacher zum Millionär

Von Hermann Aurich

Hier sind alle Zutaten für einen noch ungeschriebenen Roman versammelt: Ein aus einfachen Verhältnissen aufstrebender, talentierter junger Mann, eine glückliche Berufswahl mit ganz unerwarteten Aufstiegschancen, ein abenteuerliches Liebes- und Familienleben, geschäftliche Erfolge und schließlich ein ehrgeiziges Bemühen um soziale Anerkennung, das jedoch kurz vor dem krönenden Abschluss an den damaligen Machtverhältnissen scheitert.

Als Wilhelm Griebenow 1784 in Prenzlau als Sohn eines Ackerbürgers geboren wurde, deutete noch nichts auf seinen späteren Lebensweg hin. Schon mit jungen Jahren gaben ihn seine Eltern in die Lehre als Büchsenmacher bei dem in Prenzlau stationierten Regiment. Die Teilnahme an der Verteidigung von Kolberg gegen die Truppen Napoleons 1806/1807 gab dem jungen Mann Gelegenheit, sich durch Umsicht und Tatkraft auszuzeichnen. Als Büchsenmacher war er nicht auf die kärgliche Besoldung der Mannschaftsdienstgrade angewiesen, sondern konnte sich als eine Art Kleinunternehmer bei der Beschaffung von Gewehren und bei anderen Dienstleistungen betätigen. Da beide Eltern früh starben, konnte er auch über sein Erbe frei verfügen.

Wilhelm Griebenow hatte sich also schon ein kleines Vermögen erarbeitet, als er 1814 die erst sechzehnjährige Henriette Zernickow, Tochter eines Berliner Ackerbürgers, heiratete. Durch diese Ehe vervielfachte sich der wirtschaftliche Spielraum des geschäftstüchtigen Mannes. Noch bedeutsamer war es, dass nun ein Tätigkeitsfeld gefunden war, auf dem in relativ kurzer Zeit Millionen gemacht werden konnten. Aus eher dürftigem Acker- und Weideland der späteren Bezirke Wedding und Prenzlauer Berg wurde teures Bauland.

Aus dem Büchsenmacher Griebenow war ein überaus erfolgreicher Terrainunternehmer geworden. Im Jahr 1823 hatte er das damals vor dem Konkurs stehende königliche Vorwerk "vor der Schönhausenschen Landwehr" gekauft. Auf dem erworbenen Gelände legte er Straßen an (zum Beispiel die Kastanien- und die Pappelallee) und parzellierte die angrenzenden Flächen, die er verkaufte oder verpachtete. 

Diese Erfolge gedachte Griebenow mit dem Erwerb der Herrschaft Groß Leuthen zu krönen, die er 1841 erwarb. Dieser Güterkomplex stand im Range höher als ein gewöhnliches Rittergut und gehörte zu den acht Standesherrschaften der Niederlausitz, die Preußen im Ergebnis des Wiener Kongresses 1815 von Sachsen übernommen hatte. Als Standesherr hätte Griebenow besondere Privilegien genossen, unter anderem einen erblichen Sitz im preußischen Herrenhaus. Diese Vorrechte wurden ihm als Nichtadligem jedoch verweigert. Nach erfolglosen Protesten trennte sich Griebenow 1855 wieder von seiner Besitzung. Erst 22 Jahre später gelang es einem Bürgerlichen, dem Bremer Reeder Christian Heinrich Wätjen, eine der acht Standesherrschaften dauerhaft in seinen Besitz zu bringen. 1888 wurde er geadelt.

Wenn Wilhelm Griebenow selbst der Griff nach den Insignien des Adels verwehrt blieb, so gelang es ihm (bzw. seiner späteren Witwe) jedoch, alle drei Töchter mit Grafen bzw. Freiherrn zu verheiraten, sicherlich nicht ohne kräftigen Einsatz aus der elterlichen Schatulle. Als Hochzeitsgeschenk für die Tochter Anna Pauline wurde 1868  das Schlösschen Biesdorf gebaut. Griebenows erste Ehefrau Henriette, Mutter der gemeinsamen Tochter Amalie, lebte in Berlin und starb dort 1852. Bereits vor ihrem Tode lebte Wilhelm Griebenow in Groß Leuthen mit Caroline Kleber zusammen, der unehelichen Tochter eines Tagelöhners, von der er zwischen 1848 und 1860 fünf Kinder bekam, die er aber erst nach der Geburt des fünften Kindes heiratete. Der älteste Sohn, Ferdinand Griebenow, der 1874 nach Vetschau geheiratet hatte, erwarb ebenfalls märkischen Grundbesitz, indem er 1903 das Rittergut Wansdorf von Alexander Beussel übernahm, dem Spross einer ebenfalls durch Terraingeschäfte im Berliner Norden reich gewordenen Familie. Nach dem Tod Ferdinands verkauften die Erben das Gut an die Stadt Spandau, die es später in die Berliner Stadtgüter einbrachte.           

 

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letzte Änderung: 18.12.2015